Es könnte alles so schön und so einfach sein. Die letzten Tage hatte es größtenteils allerbestes Wetter mit Sonne satt und Temperaturen jenseits der 20 Grad. Die Bäume entlang der Weinstraße stehen schon seit Wochen in voller Blüte und die Eiscafés in den Städten laden zum Verweilen ein. Bis Donnerstag waren mein Bruder aus Köln und meine Schwester aus Berlin zu Besuch in der alten Heimat und haben unter der Woche mit uns und einigen Freunden die Geburtstage meiner Mutter und meiner jüngsten Schwester gefeiert. Darüber hinaus haben wir am letzten Montag bei Muttern die Ostertage mit dem ersten Grillevent des Jahres beschlossen.
Die letzte Woche hatte also einiges zu bieten und lieferte einen Vorgeschmack auf den möglicherweise bevorstehenden WM-Sommer. Und ich hätte diese schöne Zeit auch gerne ausgekostet und mich daran erfreut, dass es abends wieder recht lange hell ist und scheinbar eine gewisse Leichtigkeit ins Leben der Menschen zurückgekehrt ist. Konnte ich aber leider nicht wirklich. Denn seit ich aus Heidelberg zurück bin, schlage ich mich mit meinen körperlichen Beschwerden herum.
Am meisten zu kämpfen habe ich mit meinem Bein und hatte ich mit sehr schmerzhaften Schulter- und Nackenverspannungen. ´Hatte´, weil ich für Donnerstag einen Termin bei meinem Schmerztherapeuten habe bekommen können. Am liebsten hätte ich mir das Ropivacain schon während meines stationären Aufenthaltes in der Uniklinik Heidelberg unter die Haut spritzen lassen. Aber zum einen wurde mir dort stets gesagt, man wolle noch diese und jene Untersuchung abwarten, bevor man es mir verabreichen würde. Und zum andern dachte ich mir dann doch, die Schmerzen seien noch nicht zu stark und ich könne es schon noch etwas aushalten, bevor ich um die Injektionen bitte. Sei´s drum. Bisher bin ich in der Schulter und im Nacken zwar noch nicht ganz schmerzfrei, aber wenn ich mich richtig erinnere hat es beim letzten Mal auch ein oder zwei Tage gedauert, bis die Schmerzen abgeklungen waren.
Zur Therapie der Beschwerden, die mein Bein verursacht, existiert leider keine so einfach verfügbare Zauberformel. Mein deutlich sichtbarer Gehfehler geht mir gewaltig auf den Keks und kostet mich einiges an Kraft. Neulich hatte ich in der Stadt, in der ich regelmäßig einkaufe, ein paar Dinge zu besorgen. Innerhalb von zwei Stunden war ich in drei Supermärkten und einem Getränkemarkt unterwegs und war hinterher total platt. Zu Beginn bin ich immer recht gut zu Fuß unterwegs und kann mich relativ normal bewegen. Aber nach ca. einer halben Stunde ist es dann vorbei und ich bin froh, dass meine Schwierigkeiten weniger auffallen, wenn ich einen Einkaufswagen vor mir her schiebe. Mein Bein wird immer schwerer und es kostet mich viel Kraft, es anzuheben, einen Schritt nach vorne zu machen und einfach ein paar Meter geradeaus zu gehen. Teilweise gelingt es mir gar nicht, dann gehe ich mit dem linken Bein einen Schritt nach vorne und ziehe das rechte Bein irgendwie nach. In Heidelberg habe ich an einem Sonntagnachmittag das tolle Wetter genutzt und bin im Neuenheimer Feld etwas spazieren gewesen. Es hatte bestimmt 25 Grad und ich habe die Chance genutzt, mal aus dem Bau rauszukommen und mir irgendwo unterwegs ein Eis zu leisten. Zunächst war auch alles gut und die ersten fünfzehn, zwanzig Minuten war ich recht zügig unterwegs. Danach wurde mein Tempo stetig langsamer und ich musste mich richtig auf das Gehen konzentrieren. Aber das bin ich inzwischen gewohnt und kann damit umgehen. Das ist eben mein momentaner Zustand, an dem ich weiter arbeiten muss. Was mich allerdings vor große Herausforderungen stellte, waren die letzten 300 oder 400 Meter zurück Richtung Haupteingang. Meine Beine wurden plötzlich schwer wie zwei große Zementstücke und ich habe es kaum mehr geschafft, einen Fuß anzuheben und ihn vor den anderen zu setzen. Ich fühlte mich müde und erschöpft und hätte mich erstmal gesetzt, wenn es am Wegesrand irgendwo eine Bank gegeben hätte. So aber hatte ich zwei Möglichkeiten: Entweder, ich beiße mich durch und bewältige das letzte Stück zur Klinik zu Fuß, oder ich spreche irgendjemanden an und bitte um Hilfe. Für einen Moment habe ich wirklich überlegt, ob ich nicht besser wen ansprechen soll. Aber was sollte derjenige tun? Und wie sähe das aus, wenn z.B. jemand mit einem Rollstuhl aus der Klinik käme und mich einsammeln würde!? Nein, das musste ich nicht wirklich haben. Also habe ich meinen Beinen den Marschbefehl erteilt und bin bis zu meiner Klinik gelaufen. Dort habe ich als erstes an der Caféteria im Erdgeschoß Halt gemacht und mich mit einem wohlverdienten Eis in der Hand in die Sonne gesetzt, bevor ich eine Viertelstunde später mit dem Aufzug hoch auf Station gefahren bin.
In dieser Situation habe ich mich zum ersten Mal richtig hilflos gefühlt. Mein Körper hat mir signalisiert, dass er nichts mehr zuzusetzen hat und dass er dringend eine Auszeit braucht. Das hat mich recht nachdenklich gemacht, denn obwohl ich mich zurzeit noch für relativ jung und einigermaßen leistungsfähig halte, frage ich mich doch, wie es mir in fünf oder zehn Jahren gehen wird.
Zumindest habe ich mir inzwischen vorgenommen, dass sich so etwas nicht noch einmal wiederholen wird. Deshalb habe ich mir selbst eine Frist gesetzt: Sollte sich mein Gangbild bis nach der Reha nicht zumindest ein wenig bessern und sollte ich nach wie vor solche Probleme mit dem Laufen haben, werde ich mir von meiner niedergelassenen Neurologin oder von den Neurologen der Uniklinik Heidelberg einen Aktivrolli verordnen lassen. Ich weiß nicht sicher, wer dafür zuständig wäre, aber das würde ich dann schon herausfinden. Und bevor gleich die Mahner und die Besserwisser auf der Matte stehen: Ich weiß, dass eine Rollstuhl-Verordnung ein Rückschritt ist für jemanden, der bisher noch gelaufen ist. Ziel muss und sollte immer sein, vorhandene Mobilität zu erhalten und, wenn möglich, zu verbessern. Ich weiß aber auch, dass ich mich nicht quälen muss, nur weil ich länger als 30 Minuten irgendwo zu Fuß unterwegs bin. In Fällen wie diesem würde ein Rollstuhl keinen Rückschritt, sondern eine Unterstützung für mich bedeuten. Außerdem hätte ich sicher nicht vor, von morgens bis abends ohne Unterbrechung in dem Teil zu sitzen. Er wäre hauptsächlich für längere Distanzen gedacht, bei denen ich schon vorher absehen kann, dass ich zu Fuß irgendwann Probleme bekommen werde.
A propos Reha. Mir ist am Freitag ein Bescheid ins Haus geflattert: "Sehr geehrter Herr ..., wir freuen uns, Ihnen eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von 4 Wochen bewilligen zu können." Es geht nach Allensbach am Bodensee, etwas nordwestlich von Konstanz gelegen. Den Aufnahmetermin wird mir die Klinik noch mitteilen. Nachdem ich am Donnerstag bereits ein Info-Schreiben im Briefkasten hatte, mein Antrag sei eingegangen und werde geprüft, ging es jetzt doch sehr flott mit der Bewilligung. Ich hoffe sehr, dass mich der Aufenthalt dort ein Stück weiter bringen wird.
Ein weiteres Problem, welches ich nach der Reha klären möchte, ist meine Inkontinenz-Versorgung. Im Spätjahr 2013 habe ich mir vom offiziellen (und leider einzigen) Versorger, den meine Krankenkasse mit der Versorgung ihrer Inkontinenz-Patienten beauftragt hat, einige Produktmuster zum testen schicken lassen. Der Sendung lagen unter anderem einige schriftliche Informationen bei. So wurde ich bspw. mit einem Schreiben darüber informiert, die Versorgung müsse nach dem in §12 des Sozialgesetzbuchs (Teil 5) festgelegten Wirtschaftlichkeitsgebot ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Nicht erforderliche oder unwirtschaftliche Leistungen dürften nicht zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet werden. Natürlich gäbe es Anforderungen an die Qualität der Produkte. Eine "einwandfreie Beschaffenheit und Funktionsfähigkeit der Produkte" sei jedoch von meinem Versorger sichergestellt, somit würde ich im Regelfall mit den Standard-Produkten ohne Aufzahlung "einwandfrei" versorgt sein. Nunja. Wenn man sich diese Standard-Podukte einmal betrachtet und sie einem Alltagstest unterzieht, wird man sich ernsthaft fragen, was manche Menschen unter einer einwandfreien Versorgung verstehen. Und jeder von einer Inkontinenz Betroffene wird sich fragen, warum er sich nicht einfach eine Plastiktüte aus dem Supermarkt zwischen die Beine bindet. Die fühlt sich nämlich ungefähr genauso diskret und ebenso saugfähig an.
Um einmal klar zu sagen, was Sache ist: Die einzelnen Unternehmen bewerben sich bei den öffentlichen Ausschreibungen der Krankenkassen. Nach welchen Kriterien sie dann von der Kasse eine Zusage erhalten oder abgelehnt werden, weiß ich nicht. Aber sobald sie mit von der Partie sind versuchen sie natürlich, möglichst vielen Versicherten dieser Krankenkasse ihre billigen Standard-Produkte anzudrehen. Ihre Kalkulation zielt darauf ab, möglichst viele Versicherte kostengünstig zu versorgen und die Anzahl derer, die einer kostenintensiven Versorgung bedürfen, möglichst gering zu halten. Unternehmerisches Kalkül eben. Solange ich (viel) mehr Kunden habe, die ich günstig beliefern kann und die mich wenig kosten, habe ich alles richtig gemacht. Ob die Betroffenen dabei mit meinen Produkten zufrieden sind und ob diese qualitativ wirklich etwas taugen, ist mir ziemlich egal.
Mein Versorger räumt mir allerdings die Möglichkeit ein, qualitativ höherwertige Produkte zu beziehen, falls ich mit den Standard-Produkten (bspw. wegen einer allergischen Hautreaktion) nicht zurechtkomme. In diesem Fall bedürfe es allerdings einer erneuten Beratung und ggf. einer medizinischen Prüfung. Sprich: Ich muss mindestens ein ärztliches Attest vorlegen, warum ich ein anderes, besseres Produkt benötige. Ob ich mich möglicherweise einer ärztlichen Prüfung unterziehen muss, die von meiner Krankenkasse oder meinem Versorger veranlasst wird, weiß ich nicht. Sollte ich jedenfalls ohne besonderen Grund ein anderes Produkt als das aufzahlungsfreie Standard-Produkt haben wollen, müsse ich die entstehenden Mehrkosten selbst aufbringen. Die im Übrigen recht happig sind. Als Beispiele seien 28,88 € für 3 x 30 Tena Slip Plus und 58,83 € für 4 x 12 Tena Pants Super genannt. Jeweils Größe M, Stand Ende Oktober 2013.
Derzeit habe ich mich um andere Dinge wie bspw. die anstehende Reha zu kümmern. Aber ich werde mich auf keinen Fall kampflos geschlagen geben, soviel ist sicher!
In dieser Situation habe ich mich zum ersten Mal richtig hilflos gefühlt. Mein Körper hat mir signalisiert, dass er nichts mehr zuzusetzen hat und dass er dringend eine Auszeit braucht. Das hat mich recht nachdenklich gemacht, denn obwohl ich mich zurzeit noch für relativ jung und einigermaßen leistungsfähig halte, frage ich mich doch, wie es mir in fünf oder zehn Jahren gehen wird.
Zumindest habe ich mir inzwischen vorgenommen, dass sich so etwas nicht noch einmal wiederholen wird. Deshalb habe ich mir selbst eine Frist gesetzt: Sollte sich mein Gangbild bis nach der Reha nicht zumindest ein wenig bessern und sollte ich nach wie vor solche Probleme mit dem Laufen haben, werde ich mir von meiner niedergelassenen Neurologin oder von den Neurologen der Uniklinik Heidelberg einen Aktivrolli verordnen lassen. Ich weiß nicht sicher, wer dafür zuständig wäre, aber das würde ich dann schon herausfinden. Und bevor gleich die Mahner und die Besserwisser auf der Matte stehen: Ich weiß, dass eine Rollstuhl-Verordnung ein Rückschritt ist für jemanden, der bisher noch gelaufen ist. Ziel muss und sollte immer sein, vorhandene Mobilität zu erhalten und, wenn möglich, zu verbessern. Ich weiß aber auch, dass ich mich nicht quälen muss, nur weil ich länger als 30 Minuten irgendwo zu Fuß unterwegs bin. In Fällen wie diesem würde ein Rollstuhl keinen Rückschritt, sondern eine Unterstützung für mich bedeuten. Außerdem hätte ich sicher nicht vor, von morgens bis abends ohne Unterbrechung in dem Teil zu sitzen. Er wäre hauptsächlich für längere Distanzen gedacht, bei denen ich schon vorher absehen kann, dass ich zu Fuß irgendwann Probleme bekommen werde.
A propos Reha. Mir ist am Freitag ein Bescheid ins Haus geflattert: "Sehr geehrter Herr ..., wir freuen uns, Ihnen eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von 4 Wochen bewilligen zu können." Es geht nach Allensbach am Bodensee, etwas nordwestlich von Konstanz gelegen. Den Aufnahmetermin wird mir die Klinik noch mitteilen. Nachdem ich am Donnerstag bereits ein Info-Schreiben im Briefkasten hatte, mein Antrag sei eingegangen und werde geprüft, ging es jetzt doch sehr flott mit der Bewilligung. Ich hoffe sehr, dass mich der Aufenthalt dort ein Stück weiter bringen wird.
Ein weiteres Problem, welches ich nach der Reha klären möchte, ist meine Inkontinenz-Versorgung. Im Spätjahr 2013 habe ich mir vom offiziellen (und leider einzigen) Versorger, den meine Krankenkasse mit der Versorgung ihrer Inkontinenz-Patienten beauftragt hat, einige Produktmuster zum testen schicken lassen. Der Sendung lagen unter anderem einige schriftliche Informationen bei. So wurde ich bspw. mit einem Schreiben darüber informiert, die Versorgung müsse nach dem in §12 des Sozialgesetzbuchs (Teil 5) festgelegten Wirtschaftlichkeitsgebot ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Nicht erforderliche oder unwirtschaftliche Leistungen dürften nicht zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet werden. Natürlich gäbe es Anforderungen an die Qualität der Produkte. Eine "einwandfreie Beschaffenheit und Funktionsfähigkeit der Produkte" sei jedoch von meinem Versorger sichergestellt, somit würde ich im Regelfall mit den Standard-Produkten ohne Aufzahlung "einwandfrei" versorgt sein. Nunja. Wenn man sich diese Standard-Podukte einmal betrachtet und sie einem Alltagstest unterzieht, wird man sich ernsthaft fragen, was manche Menschen unter einer einwandfreien Versorgung verstehen. Und jeder von einer Inkontinenz Betroffene wird sich fragen, warum er sich nicht einfach eine Plastiktüte aus dem Supermarkt zwischen die Beine bindet. Die fühlt sich nämlich ungefähr genauso diskret und ebenso saugfähig an.
Um einmal klar zu sagen, was Sache ist: Die einzelnen Unternehmen bewerben sich bei den öffentlichen Ausschreibungen der Krankenkassen. Nach welchen Kriterien sie dann von der Kasse eine Zusage erhalten oder abgelehnt werden, weiß ich nicht. Aber sobald sie mit von der Partie sind versuchen sie natürlich, möglichst vielen Versicherten dieser Krankenkasse ihre billigen Standard-Produkte anzudrehen. Ihre Kalkulation zielt darauf ab, möglichst viele Versicherte kostengünstig zu versorgen und die Anzahl derer, die einer kostenintensiven Versorgung bedürfen, möglichst gering zu halten. Unternehmerisches Kalkül eben. Solange ich (viel) mehr Kunden habe, die ich günstig beliefern kann und die mich wenig kosten, habe ich alles richtig gemacht. Ob die Betroffenen dabei mit meinen Produkten zufrieden sind und ob diese qualitativ wirklich etwas taugen, ist mir ziemlich egal.
Mein Versorger räumt mir allerdings die Möglichkeit ein, qualitativ höherwertige Produkte zu beziehen, falls ich mit den Standard-Produkten (bspw. wegen einer allergischen Hautreaktion) nicht zurechtkomme. In diesem Fall bedürfe es allerdings einer erneuten Beratung und ggf. einer medizinischen Prüfung. Sprich: Ich muss mindestens ein ärztliches Attest vorlegen, warum ich ein anderes, besseres Produkt benötige. Ob ich mich möglicherweise einer ärztlichen Prüfung unterziehen muss, die von meiner Krankenkasse oder meinem Versorger veranlasst wird, weiß ich nicht. Sollte ich jedenfalls ohne besonderen Grund ein anderes Produkt als das aufzahlungsfreie Standard-Produkt haben wollen, müsse ich die entstehenden Mehrkosten selbst aufbringen. Die im Übrigen recht happig sind. Als Beispiele seien 28,88 € für 3 x 30 Tena Slip Plus und 58,83 € für 4 x 12 Tena Pants Super genannt. Jeweils Größe M, Stand Ende Oktober 2013.
Derzeit habe ich mich um andere Dinge wie bspw. die anstehende Reha zu kümmern. Aber ich werde mich auf keinen Fall kampflos geschlagen geben, soviel ist sicher!