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Samstag, 20. Juni 2015

Ein bisschen behindert

Eine gefühlte Ewigkeit ist schon wieder vergangen, seitdem ich den letzten Eintrag eingestellt habe. Zum wiederholten Male muss und möchte ich um Entschuldigung bitten, das war so nicht geplant!

Der Grund, weshalb ich so lange nichts mehr geschrieben habe, ist der, dass sich in den letzten Wochen und Monaten bei mir einiges getan hat. Und teilweise auch nach wie vor tut, erfreuliches wie weniger erfreuliches.

Seit August des letzten Jahres hatte ich vor allem mit Anträgen zu tun, die auszufüllen und bei verschiedenen Ämtern einzureichen waren und bei denen ich nicht wirklich vorhersagen konnte, ob am Ende das dabei herausspringt, was ich mir erhofft habe. Ebenso habe ich ärztliche Atteste eingeholt und eingereicht, die meine körperlichen Beeinträchtigungen bestätigen und unterstreichen sollten, um bspw. meiner Krankenkasse klarzumachen, warum ich den Aktivrolli eben doch benötige. Darüber hinaus habe ich bis Anfang September regelmäßig Termine bei der Arbeitsagentur wahrgenommen, Bewerbungen verschickt und mich bei einigen potentiellen Arbeitgebern persönlich vorgestellt. An Beschäftigung hat es mir somit nicht gemangelt und ich kann von mir behaupten, mich gewissenhaft um all das gekümmert zu haben, was von mir verlangt worden ist.

Ein zentraler Punkt, der mir bis zum September des letzten Jahres oft durch den Kopf gegangen ist, war das Thema Jobsuche. Des Öfteren habe ich mir hierzu so meine Gedanken gemacht. Denn einerseits habe ich gute Abschlusszeugnisse vorzuweisen und brauche mich damit eigentlich nicht zu verstecken. Andererseits habe ich mich aber auch gefragt, welcher Arbeitgeber einen Bewerber mit meiner Verdachtsdiagnose einstellt. Nunja. Ich habe erstmal nicht wirklich daran geglaubt, in absehbarer Zeit eine Stelle zu finden und bin davon ausgegangen, dass ich erst einmal eine gewisse Zeit "arbeitssuchend" gemeldet sein würde.

Bevor ich angefangen habe, Bewerbungen zu verschicken, hat sich Mitte August eine weitere Baustelle aufgetan. Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung ("Versorgungsamt") hat meinen Antrag geprüft, den ich im Juni mithilfe des Sozialdienstes der Rehaklinik in Konstanz gestellt hatte, und mir einen Grad der Behinderung zugewiesen. In dem Feststellungsbescheid, der mir zugegangen ist, heißt es unter anderem:

"Sehr geehrter Herr ...,

auf Ihren am 16.06.2014 eingegangenen Antrag ergeht folgende Entscheidung:

Ihr Grad der Behinderung (GdB) beträgt 30.

Ihre Gesundheitsstörungen führen zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Abs. 2 Ziffer 2 Buchstabe b Einkommensteuergesetz (EStG).
Sie gehören zum Personenkreis der behinderten Menschen.
Ein Schwerbehindertenausweis steht Ihnen nicht zu.

Diese Entscheidung ist wirksam ab 16.06.2014."

In der sich anschließenden Begründung führt die Sachbearbeiterin an, sie sei von folgenden Beeinträchtigungen ausgegangen (in Klammern steht der jeweilige Einzel-GdB): Parkinson-Syndrom (30) und Sehbehinderung (10). Des Weiteren erklärt sie, dass Einzel-GdB-Werte nicht addiert werden dürften und welche Gesundheitsstörungen in den festgestellten Beeinträchtigungen berücksichtigt seien. Die von mir angegebene Schmerzstörung könne nicht berücksichtigt werden, da sie nicht ärztlich bestätigt worden sei, und das beantragte Merkzeichen G ("Erhebliche Gehbehinderung") wurde nicht zuerkannt, da die Feststellung von Merkzeichen (wie auch die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises) erst ab einem GdB von 50 in Betracht käme.

Als ich den Bescheid vollständig gelesen hatte war ich mir zunächst nicht ganz sicher, was ich vom Ergebnis meiner Bemühungen zu halten hatte. Auf der einen Seite war ich froh, dass meine körperlichen Einschränkungen von der Behörde offiziell anerkannt worden waren und in einem Grad der Behinderung Berücksichtigung gefunden hatten. Andererseits war ich mir jedoch unsicher, ob der zuerkannte Grad nicht hätte höher ausfallen müssen. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass man mir mit einem GdB von 30 zugestand, ein bisschen behindert zu sein, obwohl ich mir bei Betrachtung meiner gesundheitlichen Probleme von damals ziemlich sicher war, dass mir ein höherer GdB zugestanden hätte. Um ein paar andere Sichtweisen einzuholen, habe ich in den nächsten Tagen einige Personen um ihre Meinung gebeten, die mich kennen und über die nötige Fachkenntnis verfügen. Meine Physiotherapeutin z.B. war meiner Meinung, mir stünde ein höherer Grad zu, meine Neurologin äußerte sich ähnlich. Als die Ärztin mir zusicherte, mich weiterhin zu unterstützen, habe ich gegen die ergangene Entscheidung schriftlich Widerspruch eingelegt.

Diesmal habe ich neben Attesten meines Hausarztes und meiner Neurologin selbstverständlich auch ein Attest meines Schmerztherapeuten eingereicht. Und ich muss sagen, dass ich mit seinen Ausführungen hochzufrieden war. Das Attest umfasste zwei volle DIN A4-Seiten und enthielt wirklich alles, was es zu meinen akuten und chronischen Schmerzzuständen zu sagen gab. Die bisherigen Befunde, Diagnosen, Medikationen etc. waren nicht nur einfach zu Papier gebracht, sondern sehr ausführlich und detailiert beschrieben und interpretiert worden. Darüber hinaus hat er zusätzlich ausgewertet, welche Auswirkungen die Schmerzen auf die Aktivitäten meines täglichen Lebens haben (zu diesem und anderen Punkten hatte ich in der Praxis Fragebögen an einem kleinen Pocket-Computer durchgeklickt) und festgestellt, dass die chronischen Schmerzen eine "eigenständige Einheit" bildeten, die über das übliche Maß einer Parkinson-Erkrankung hinausginge und entsprechend zu bewerten sei. Alle Achtung! Vor allem aufgrund dieses Attestes habe ich mir durchaus gute Chancen ausgerechnet, dass meinem Widerspruch stattgegeben werden und mein GdB nachträglich etwas erhöht werden könnte.

Nicht nur an der Einstufung, auch an der medikamentösen Therapie meiner körperlichen Beschwerden hat sich etwas getan. Mitte September habe ich noch einmal die Kopfklinik Heidelberg besucht. Da sich meine Beschwerden durch das Pramipexol bis zu diesem Zeitpunkt nur geringfügig gebessert hatten, wollte ich mich von den Spezialisten dort über mögliche Alternativen und weitere Vorgehensweisen beraten lassen. Um es etwas abzukürzen: Das Ergebnis meines Gesprächs mit der zuständigen Ärztin war, dass wir vereinbart haben, dass ich (unter regelmäßiger Kontrolle meiner Neurologin) die Dosis des Pramipexols weiter steigern und mir zusätzlich ein weiteres Präparat verordnen lassen soll. Dabei handelt es sich um ein Medikament, das drei Wirkstoffe in einer Tablette vereint: 50 mg Levodopa, 12,5 mg Carbidopa und 200 mg Entacapon. Folgerichtig ergibt sich abgekürzt der Name "LCE .....pharm". Beim Pramipexol bin ich schon seit einiger Zeit bei einer Dosis von 1,1 mg pro Tablette. Seitdem ich zusätzlich (und ebenfalls dreimal täglich) das LCE einnehme, haben sich meine Beschwerden noch ein wenig gebessert. So sind mein Gang- und mein Schriftbild bspw. etwas stabiler und sicherer geworden und ich fühle mich insgesamt etwas beweglicher. Trotzdem habe ich aber noch immer größere Schwierigkeiten, Distanzen zu Fuß zurückzulegen, die größer als ein paar hundert Meter sind.

Wenn ich schon über mein Gangbild schreibe schiebe ich gleich nach, dass meine Krankenkasse lange nicht endgültig über meinen Widerspruch bezüglich der Ablehnung des mir verordneten Aktivrollis entschieden hat. Im Mai 2014 hatte ich mir von der Kollegin meines Hausarztes einen Aktivrollstuhl, ein anatomisches Sitzkissen nach Maß und ein elektrisches Zuggerät verordnen lassen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich darüber schon geschrieben habe, aber die Kasse hat Anfang September 2014 eine Kostenübernahme aller drei Hilfsmittel mit der Begründung "Medizinisch nicht erforderliche Leistung" abgelehnt. In dem Schreiben, das mir zugegangen ist, heißt es unter anderem, eine Versorgung mit einem Aktivrollstuhl könne nicht erfolgen, da ich in der Lage sei, eine Gehstrecke von 2 Kilometern Länge zu Fuß zurückzulegen. Ehrlich gesagt musste ich etwas schmunzeln, als ich den Text gelesen habe. Denn dass es mir theoretisch schon irgendwie möglich wäre, diese Distanz zu Fuß zu bewältigen, habe ich nie abgestritten. Viel mehr ging es mir um die Schwierigkeiten, die ich dabei hätte. Spätestens nach (grob geschätzten) vier- bis fünfhundert Metern behindert mich mein Gehfehler mehr und mehr und es fällt mir zunehmend schwer, das rechte Bein anzuheben und wie ein normaler Mensch beim Gehen einen Fuß vor den anderen zu setzen. Aber darüber schreibe ich nicht das erste Mal, und auch der Krankenkasse habe ich mehr als nur einmal mitgeteilt, warum und wofür ich den Stuhl benötige. Mir ist bewusst, dass man einen Rollstuhl als Rückschritt ansehen kann bei jemandem, der bisher Fußgänger war. Aber erstens ist es so, dass ich mich inzwischen z.B. kaum mehr traue, große Distanzen zu laufen oder Einkäufe in mehr als einem Supermarkt zu tätigen, weil ich befürchten muss, dass ich irgendwann schlapp mache und einfach nicht mehr kann. Und zweitens sehe ich bei allem Rückschritt auch etwas positives, weil es mir mit dem Rolli wesentlich leichter fallen würde, größere Strecken zu bewältigen und somit meine Mobilität sichergestellt wäre. Aber sei´s drum. Wie auch beim Versorgungsamt habe ich gegen den ergangenen Ablehnungsbescheid schriftlich und fristgemäß Widerspruch eingelegt.

Allerdings war es dieses Mal um einiges aufwendiger, der Kasse die erforderlichen Unterlagen zukommen zu lassen. Der Medikationsplan, der auflistet, wann ich welche Arzneimittel einnehme und der von meiner Neurologin ausgestellt sein musste, war noch das geringste Problem. Schwierigkeiten verursachte eher der Sehtest, den ich einmal mit und einmal ohne Sehhilfe beim Augenarzt zu absolvieren hatte. Erklärend sei gesagt, dass es sich bei dieser Sehhilfe um ein paar individuell angepasster, formstabiler Kontaktlinsen handelt, die ich im Frühjahr 2011 in der Uniklinik Homburg aufgrund eines bei mir diagnostizierten Keratokonus´ erhalten habe. Ein Sehtest war erforderlich, weil ich, wie ich vermute, mit dem elektrischen Zuggerät aktiv am Straßenverkehr teilnehmen könnte und hierfür meine Verkehrstauglichkeit nachzuweisen hatte. Der eigentliche Test war eine Sache von Minuten und somit nicht wirklich ein Problem. Viel eher ging es längere Zeit vor allem darum, was genau das Attest beinhalten muss und wer es wo einholt bzw. anfordert. Anfang des Jahres hatte ich der Krankenkasse genehmigt, bei mir gemessene Sehwerte anzufordern und hierfür die Praxis von der Schweigepflicht entbunden. Daraufhin tat sich einige Zeit erst einmal nichts. Ende Januar lag dann plötzlich ein Brief der Kasse im Briefkasten, man erinnere mich an die Zusendung des augenärztlichen Attests, das man noch nicht erhalten habe. Spätestens da ist mir der Geduldsfaden gerissen. Ich habe mit der zuständigen Sachbearbeiterin telefoniert, gefragt, was denn nun benötigt wird und dann einen weiteren Termin in der Praxis vereinbart, um endlich den Sehtest zu absolvieren. Das Ende vom Lied war schließlich, dass ich den Test "mit Sehhilfe" bestanden und eine Kopie des Testergebnisses an die Kasse geschickt habe. Mit im Umschlag war übrigens auch ein weiteres, ausführliches Attest meiner Neurologin, welches den Damen und Herren meine Beschwerden bei der Ausführung von Aktivitäten des täglichen Lebens nochmals verdeutlichen sollte.

Während ich mich wegen meines Grads der Behinderung und wegen des Aktivrollis nun doch länger als geplant mit dem Versorgungsamt bzw. der Krankenkasse herumgeschlagen habe, war die Jobsuche letztes Jahr deutlich schneller vorbei, als ich es erwartet hatte. Aber der Reihe nach. Zuallererst habe ich im Sommer 2014 meine Bewerbungsunterlagen durchgeschaut und mal wieder auf Vordermann gebracht. Anschließend habe ich (vor allem im Internet) nach offenen Stellen Ausschau gehalten und mir ein paar Stellenangebote herausgesucht, die gut erreichbar und von der Beschreibung her auch interessant zu sein schienen. Schließlich habe ich die erbetenen Unterlagen eingetütet und die Bewerbungen per Post an die jeweiligen Apotheken geschickt. Drei, vier Bewerbungen habe ich auch per E-Mail verschickt, da ausdrücklich darum gebeten worden war. Ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass ich Bewerbungen viel lieber in der klassischen Form, nämlich schriftlich, verfasse. Meiner Meinung nach kann man mit einer ordentlichen, sauberen und vor allem formal richtigen Bewerbung in Papierform eine Menge Pluspunkte bei einem möglichen Arbeitgeber sammeln. Dazu kommt, dass ich mir nicht unbedingt den PC zuhilfe nehmen, sondern meine in Kopie vorhandenen Unterlagen nur noch in die richtige Reihenfolge bringen und eintüten muss. Außerdem muss der Empfänger nicht vor dem PC sitzen und sein E-Mail-Programm öffnen, um (m)eine Bewerbung zu lesen. Aber darüber denkt wahrscheinlich jeder anders. Das Ergebnis meiner Bemühungen war recht durchwachsen. Was ich sehr schade fand war, dass scheinbar nicht jeder Chef es für nötig hält, auf Bewerbungen zu antworten. Denn von einzelnen Apotheken habe ich bis heute nichts gehört. Ich denke, der Bewerber investiert Zeit und Geld in seine Bewerbungen und bietet seine Arbeitskraft an. Selbst, wenn der Arbeitgeber kein Interesse hat, sollte es doch kein Problem sein, dem Bewerber eine Absage zukommen zu lassen. Ein anderer Inhaber, in dessen Apotheke ich mich persönlich vorgestellt habe, war recht skeptisch, als ich ihm von meinen Einschränkungen erzählt habe. Als ich ihm an der Kasse gezeigt habe, dass ich aber trotz alledem recht zügig mit der rechten Hand auf der Tastatur schreiben kann, wusste er wohl nicht so ganz, was er von mir halten soll. Letzten Endes habe ich auch von ihm nichts mehr gehört. Was aber auch nicht weiter schlimm war. Denn Anfang September erhielt ich einen Anruf aus Ludwigshafen und wurde gefragt, ob ich Interesse hätte, mich in der Apotheke des Anrufers vorzustellen. Einen kurzen Moment lang habe ich gezögert. Denn schon ein paar Tage zuvor war ich im Internet auf die Stellenanzeige dieses Apothekers gestoßen und hatte mir daraufhin die Homepage seiner Apotheke angeschaut. Was mich etwas verwundert hat war, dass die letzte Aktualisierung der Seite im Frühjahr 2010 erfolgt war und der Inhalt doch etwas altbacken daher kam. Klar, vom Eindruck, den man von einer Homepage gewinnt, sollte man sich nicht verleiten lassen, zu schnelle und vor allem zu negative Schlüsse über den ganzen Betrieb zu ziehen. Aber irgendwie hatte ich bei dieser Anzeige kein besonders gutes Gefühl und habe mich daher entschieden, mich erst einmal nicht auf diese Stelle zu bewerben. Schließlich habe ich während unseres Telefonats aber doch zugesagt. Denn eine anderweitige Anstellung war zu diesem Zeitpunkt nicht in Sicht und so konnte ich es mir kaum leisten, eine Einladung auszuschlagen.

Ich habe also den Inhaber getroffen, und irgendwie ging dann alles recht fix. Er hatte kaum das Deckblatt meiner Bewerbungsmappe umgeschlagen, da teilte er mir schon mit, dass er sich vorstellen könne, mich zum 1. Oktober einzustellen. Ganz sicher war ich mir zwar nicht, was da auf mich zukommen würde. Aber schließlich haben wir einen Tag festgehalten, an dem ich im Handverkauf ein paar Stunden zur Probe mitarbeiten würde. Und was soll ich sagen? Der halbe Tag ist recht gut gelaufen! Das Computerprogramm der Kasse kannte ich bereits seit meiner Zeit in München, und der nicht allzu starke Publikumsverkehr war keine große Herausforderung. Der Chef war soweit zufrieden mit mir und so haben wir vereinbart, dass ich die Stelle zum 1. Oktober antrete, wobei die ersten sechs Monate als Probezeit gelten würden. Inzwischen ist dieses halbe Jahr zwar schon wieder vorüber und ich weiß auch, ob und, wenn ja, wie es für mich dort weitergeht, aber darüber schreibe ich ein ander Mal. Hier und jetzt möchte ich erstmal ein wenig von der Apotheke und unserem Arbeitsalltag erzählen.

Die Räumlichkeiten bei uns sind nicht besonders groß ausgebaut, wobei es im oberen Stockwerk ein klein wenig mehr Platz hat als im unteren. Deshalb sind dort auch die Vorräte an Arzneimitteln, Hilfsmitteln, Kosmetik etc. untergebracht. Unten gibt es neben der Offizin (dem Verkaufsraum, dem auch eine Beratungsecke angegliedert ist) im Hintergrund den vom Kunden nicht einsehbaren Bereich mit zwei PC-Arbeitsplätzen. Gegenüber dieser beiden Plätze liegt die Rezeptur (ein Raum, in dem das pharmazeutische Personal z.B. Salben oder Lösungen individuell für den Kunden (= Rezeptur) oder auf Vorrat (= Defektur) herstellt, und in dem gängige Ausgangsstoffe wie bspw. Salbengrundlagen und Wirkstoffe in Pulverform gelagert werden). Im Stockwerk darüber findet man einen Lagerraum, das Arbeitszimmer des Chefs, ein kleines Labor (in dem z.B. die vorrätigen Chemikalien lagern) und einen weiteren PC-Arbeitsbereich, der hauptsächlich von den PKAs genutzt wird. Links an der Wand steht ein großer Auszieh-Schrank, in dessen vielen einzelnen Schubladen ein Großteil des Übervorrats aufbewahrt wird. Rechts an der Wand steht unser Kommissionier-Automat, in den der Großteil der vorrätigen Arzneimittel eingelagert ist. Wenn ich in der Offizin etwas am PC anfordere, was nicht unten in der Sichtwahl steht, wird es im Automaten von einem Saugarm gegriffen und über eine Rutsche nach unten befördert, wo ich es aus einer von zwei Ausgabestellen entnehmen kann. Alles in allem sind die Räumlichkeiten recht überschaubar, das Team übrigens ebenso. Wenn alle Mitarbeiter, die regelmäßig Dienst haben, anwesend sind, sind wir zu fünft. Dazu kommt eine Apothekerin, die einmal in der Woche einen halben Tag da ist, und ein Apotheker, der ab und an ein paar Stunden übernimmt, wenn Not am Mann ist. Dazu kam bis vor kurzem noch eine junge PKA, die zwei Nachmittage in der Woche mitgearbeitet hat, nun aber unpässlich ist, weil sie mit den Prüfungen, die sie gerade durchläuft, den schulischen Teil der PTA-Ausbildung abschließt. Ich wünsche viel Erfolg!

An das bunt gemischte Publikum, das bei uns verkehrt, habe ich mich erst einmal etwas gewöhnen müssen. Bislang habe ich in Apotheken gearbeitet, deren Kundschaft zum Großteil aus dem mehr oder weniger kaufkräftigen und finanziell gesicherten Mittelstand stammte. In Ludwigshafen ist das etwas anders. Hier gibt es schon ein paar mehr Kunden, die bspw. aus schwierigen Verhältnissen kommen und / oder am Rande des Existenzminimums leben, und bei denen das Geld nicht so locker in der Tasche sitzt. Dementsprechend muss man, wenn man auch diesen Personen Arzneimittel und andere Waren verkaufen möchte, die Kaufempfehlung an deren Kaufkraft anpassen. Und bei Kunden, die zwar der türkischen, nicht aber der deutschen Sprache mächtig sind, kommt unsere Spezialwaffe zum Einsatz: unsere türkischstämmige PKA-Schülerin, die beide Sprachen in Wort und Schrift beherrscht und, sofern sie anwesend ist, Gold wert ist. Leider kommt es gelegentlich vor, dass wir Kunden haben, die zwar bspw. fließend arabisch oder russisch sprechen, aber von dem, was wir ihnen auf deutsch (oder zur Not auf englisch) gerne erklären würden, kein Wort verstehen und die Apotheke unverrichteter Dinge wieder verlassen. Das ist irgendwo zwar eine unbefriedigende Situation für beide Seiten. Aber andererseits kann niemand von uns verlangen, dass wir unsere pharmazeutische Beratung zukünftig auch auf polnisch, russisch und arabisch anbieten. Finde ich jedenfalls.

Zu den Kunden, die vermutlich ebenfalls nicht schwer vermögend sind, zählen die Damen und Herren, die bei uns regelmäßig Injektionskanülen und Hartplastik-Spritzen für kleines Geld erwerben. Ich behandele sie ebenso freundlich wie den Rest der Kundschaft auch, möchte aber ehrlich gesagt lieber nicht wissen, was genau sie mit diesen Utensilien anstellen und wo das passiert. Und ich bin auch froh darüber, dass wir keine Substitutionsarzneimittel für Drogenabhängige (also Drogenersatzstoffe) herstellen. Denn der Umgang mit diesen Stoffen ist allein rechtlich schon nicht ganz unproblematisch und der Ärger wäre umso größer, wenn, weshalb auch immer, unsere Bestände nicht stimmen würden oder jemand auf die Idee käme, in die Apotheke einzubrechen, um sich größere Mengen solcher Ersatzdrogen zu beschaffen.

Alles in allem kann ich aber behaupten, dass ich gerne arbeiten gehe und mich im Kreis der Kolleginnen und Kollegen wohl fühle. Nach meiner krankheitsbedingten Auszeit war es wichtig für mich, wieder eine Anstellung zu finden, um den Anschluss im Beruf irgendwann nicht komplett zu verlieren. Mal davon abgesehen, dass ich eine Aufgabe habe, etwas leiste für mein Geld und nicht dauerhaft von Hilfen wie dem Arbeitslosen- oder dem Krankengeld lebe.

Und das "drum herum" passt soweit auch ganz gut. Das Arbeitsaufkommen bei uns ist für einen Wiedereinsteiger wie mich nahezu optimal. Gegen Abend wird es öfter mal ein wenig stressig, weil wir ab 16:30 / 17 Uhr in der Regel nur noch zu zweit sind und uns dann außer der Kundschaft noch um die Warenwirtschaft und das Telefon zu kümmern haben. Aber auch damit komme ich eigentlich gut zurecht. Schließlich habe ich schon in Apotheken gearbeitet, die bis 20 oder 21 Uhr offen hatten und in denen es, was den Kundenverkehr betrifft, teilweise zuging wie im Taubenschlag. Insofern ist es mir ziemlich egal, ob wir um Punkt 18:30 Uhr die Bude zusperren oder ob es mal ein paar Minuten später wird. Und es macht mir auch nichts aus, nach Geschäftsschluss noch das ein oder andere Arzneimittel persönlich bei der Kundschaft vorbeizubringen. Kürzere Strecken in Ludwigshafen beliefere ich zu Fuß und lasse das Auto stehen, für alle größeren Distanzen nutze ich meinen fahrbaren Untersatz.

Kaum zu glauben, aber wahr. Ich habe fertig! Glaube ich. Jedenfalls ist der Notizzettel, den ich mir geschrieben hatte, voller Häckchen. Alles, was ich in diesen Text hineinpacken wollte, ist mindestens einmal abgehakt. Mit ein bisschen mehr Selbstdisziplin hätte ich den Beitrag schon etwas eher veröffentlichen können, keine Frage. Auch deshalb entschuldige ich mich nochmals, dass es nun so lange gedauert hat. In Zukunft werde ich wieder regelmäßiger schreiben!

Abschließend möchte ich sagen, dass im letzten halben Jahr eine Menge passiert ist. Wenn ich einen Moment auf diese Zeit zurückblicken und alles, was währenddessen so passiert ist, in einem Satz zusammenfassen müsste, würde ich sagen: Es hätte schlimmer kommen können. Oder!?

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